Ludwig Thomas Schwank "Erster Klasse" aufgepeppt beim Tollwood

Mit der Bahn und Komik im Heute angekommen

von Gabriella Lorenz

Kabarettisten erster Klasse beim Tollwood. Foto: Bernd Wackerbauer

Soviel Glück hat man selten bei der Bahn. Dieser IC landet zwar nicht im Hauptbahnhof,  aber zielgenau beim Zuschauer. Eine erstklassige Kabarettistenriege hat zum 25. Tollwood-Jubiläum Ludwig Thomas 100-jährigen Schwank „Erster Klasse“ auf heutige Schienen gesetzt. Am Ende schäumte das Publikum vor Begeisterung genauso wie der Zug - in einer Waschstraße.

Herrn Stüves Handy brummt ständig. Leider oft im Funkloch. Auf Netzsuche steigt der  Norddeutsche auf den Abteilsitzen herum und auch mal über den schlafenden Mitreisenden. Stüve ist von Beruf Berater und will die  bayerische Regierung erleuchten. Daneben wickelt er am Handy seine Scheidung ab, hat lautstark Hunger und leidet an Laktose- sowie Bayern-Intoleranz. Thomas Wenke spielt dieses Preußen-Klischee souverän. Niedergebügelt wird er nur von der sächsischen Schaffnerin, für die sich Helmut Schleich ein dickes Hinterteil angepolstert hat. Und der auch im Schlaf hellhörige fränkische Ministerialbeamte (der Nürnberger Philipp Moll) lässt Stüve lakonisch auflaufen.

Das Ehepaar Dobler  - sie Flummi (Constanze Lindner), er Grizzly-Tiger (Alexander Liegl) - lauscht hingebungsvoll verblödet dem Moderator Seichtmoser eines Formatradios und läuft gegen Ende zur bitteren Beziehungsanalyse auf. Doch dann zwängt sich der Filser ins Abteil hinter der Schiebetür des Breitwand-IC (Bühne: Andrey von Schlippe): Helmut Schleicht packt zum  Treffen mit seinem Bauernspezl Gsottmaier (Uli Bauer) erstmal  stinkenden Bergkäse aus und lässt alles an sich abprallen. Im Gegenteil. Weil Stüve die Bayern für Eingeborene hält, spielt man ihm zuliebe auch gern das Tier  - mit einer Parodie-Einlage: Ude-Double Bauer gibt den OB, Schleich natürlich den Strauß. Wenn der Gebäudesanier-Gauner Gsottmaier den Filser als Landtagsabgeordneten outet, schrumpfen plötzlich alle. Nur der Franken-Ministeriale bleibt ungerührt: „Mir doch wurscht, wer unter mir Kaiser ist.“

Die Texter Alexander Liegl, Helmut Schleich und Robert Urban sowie Regisseur Rainer Pause übersetzen Thoma  absolut stimmig ins Heute. Kein  Darsteller drängt sich in Pauses zügiger Inszenierung solistisch vor. Und die bayerischen R&B-Songs von Conny Kreitmeier und Jan Eschke setzen schöne  musikalische Zäsuren im   rundum gelungenen, köstlich komischen Ensemblespiel.

Tollwood, MUH-Zelt, bis 21. Juli, 20 Uhr, Tel. 0700 3838 5024

Veröffentlicht am: 17.07.2013

Über den Autor

Gabriella Lorenz

Gabriella Lorenz ist seit 2010 Mitarbeiterin des Kulturvollzug.

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