"Urban Prayers (MUC)" der Kammerspiele

Woran glaubt München?

von Gabriella Lorenz

Keine religiösen Laienpredigten, sondern weltliche Sorgen. Foto: Andrea Huber

In München leben inzwischen mehr Nicht-Christen als Christen, in zahlreichen Glaubensgemeinschaften. Ein Jahr hat der Autor Björn Bicker recherchiert, woran Münchner Bürger glauben, wo sie beten, wie ihr Verhältnis zur Stadt und zur Demokratie ist. 

Aus seinen Interviews entstand das Stadtprojekt "Urban Prayers (MUC)" der Kammerspiele, das in der Synagoge in der Reichenbachstraße eröffnet wurde. In sechs weitere religiöse Orte zieht die Aufführung für je einen Abend, in Kirchen, Moscheen, Gebetsräume. Eine "Urban Prayers Convention" mit Diskussionen, Performances, Konzerten, Filmen und "Reden über Gerechtigkeit" beschließt das Projekt am 13. und 14. Juli in den Kammerspielen.

"Was glaubt ihr denn, wer wir sind, was wir glauben?" Um diese oft wiederholte Frage kreist Bickers Text-Destillat anderthalb Stunden lang und ziemlich redundant. Aber was er dem Chor der gläubigen Bürger in die Textbücher geschrieben hat, aus denen Wiebke Puls, Steven Scharf, Cigdem Teke, Stefan Merki und Edmund Telgenkämper auf ihrer Kanzel lesen, birgt viel überraschende Informationen und Perspektiven, die Vorurteile und Halbwissen korrigieren können. Die Glaubensrichtungen - Muslim, Jude, Christ, Sikh, Adventist - sind weitgehend den Sprechern zugeordnet. Die finden immer wieder im Chor zum Kernsatz "Was glaubt ihr denn...?"

Auch wenn man sich hier manchmal unter Laienpredigern wähnt, hört man keine Predigten. Sondern Selbstbehauptungen, Erklärungen, Verteidigungen, Abgrenzungen, Ängste, weltliche Sorgen (wie Parkplätze und Blick auf Spielhallen). Und viele Fragen an die Anders-Gläubigen im täglichen Zusammenleben. Selbstbewusstsein und Abwehr falschen Verständnisses treffen sich in dem Satz: "Wir tolerieren eure Toleranz."

Das szenische Arrangement von Johan Simons hat den Charakter einer Liturgie, der sakrale Gesänge verschiedener Religionen den spirituellen Touch geben. Der Chor der Kammerspiele-Mitarbeiterinnen und Solist Christoph Homberger leisten Erstaunliches.

Die nächsten Vorstellungen: 21. Juni, Allerheiligenkirche, Ungererstraße 131; 22. Juni, Mehmet Akif Moschee, Moosacher Straße 22, jeweils 19 Uhr; Tel. 233 966 00, Info www.muenchner-kammerspiele.de

Veröffentlicht am: 20.06.2013

Über den Autor

Gabriella Lorenz

Gabriella Lorenz ist seit 2010 Mitarbeiterin des Kulturvollzug.

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