Cornelie Müllers "Schwanenflug" im TamS
Damen treffen Figurinen - rätselhaft, poetisch und wunderschön
Einst lebte ich als Schwan“, erzählt eine Darstellerin. Dieser Schwan endete schwarz verbrannt auf einer Speiseplatte. In ihrem neuen Stück „Schwanenflug“ stellt die Musik-Theater-Frau Cornelie Müller (Text und Inszenierung) drei Künstlerinnen auf die Bühne des TamS, die den Schwanenflug wagten und ohne Rücksicht auf Konventionen lebten und arbeiteten. Wer sie sind, verrät die Aufführung nicht, auch nicht, warum sie so wunderliche Dinge treiben. Doch entstand daraus ein schwebeleichtes, musikalisches Theatergedicht besonderer Art. Ganz vage, ohne jeden biografischen Hinweis, lehnen sich die Figuren an Vorbilder an. Rose Bihler Shah orientiert sich als stolze Matrone in üppigen Volants (Kostüme: Claudia Karpfinger) an der Schauspielerin und Dramatikerin Charlotte Birch-Pfeiffer, deren Rührstücke von 1830 bis 1870 die deutschen Bühnen beherrschten. Bei Ines Honsel mit Baskenmütze zum Tüllrock stand die Dichterin Else Lasker-Schüler Patin. Alexa Riechert in Hosen mit Chiffon-Hängerchen schlägt das Spinett und schlängelt einmal als Tanzpantomimin Valeska Gert lebhaft Körper und Arme. Das Trio begegnet sieben lebensgroßen Figurinen, die an Seilen hängen. Zu eleganten Kleidern tragen sie Tierköpfe: Kühe, Schweine, Ziege, Gans. Sie stehen einfach für verschiedene Frauen-Typen, nur die spanische Tänzerin mit dem Pferdekopf wird durch Anspielungen auf die Vita als Lola Montez geoutet. Diese schönen, skurrilen Figurinen schuf Rudolf Bodmeier. Er lebt seit seiner Kindheit in Heimen und arbeitet nun im Atelier des Heilpädagogischen Centrums Augustinum, das geistig behinderte Künstler fördert. Was die Sprache an Begriffen für Weibs-Bilder kennt, hauen sich die Schauspielerinnen um die Ohren: tapfere Mutter, Madonna, Lolita, Hexe, Schlampe und viele mehr. Sonst verhalten sie sich gar seltsam. Sie schlitzen Papier, legen alte Platten auf, tanzen mit den Figurinen, bürsten ihre Haare, spulen ein Seil auf und ab, immer hin und her. Sie singen, Volksliedhaftes oder wortlose Variationen - alles von subtiler Komik. Und dann hängen sie Rosen an eine Wäscheleine. Das ist alles sehr rätselhaft, genauso wie die poetischen und absurden Texte, aber wunderschön.
TamS-Theater, bis 23. Feb.2013, Mi - Sa 20.30 Uhr, Tel. 345 890