Knochenarbeit, nicht nur für Tina: Judith Weirs "Achterbahn" bei den Bregenzer Festspielen

von Volker Boser

Immerhin das Bühnenbild ist von bezwingender Schönheit. Foto: Bregenzer Festspiele / Karl Forster

Es gibt nicht viel Gutes von "Achterbahn" in Bregenz zu berichten. Immerhin: das Bühnenbild von Tom Pye ist in seiner kühlen Ästhetik von bezwingender Schönheit. Zwei riesige Segel begegnen sich, eines davon kann als Projektionsfläche genutzt werden, das andere bündelt mehrere Lichtschienen, knallrot, grün oder blau. Mit dem Stück hat dieses Ambiente nur wenig zu tun. Aber es ist ungemein eindrucksvoll.

Die britische Komponistin Judith Weir greift in ihrer Oper, die jetzt bei den Bregenzer Festspielen uraufgeführt wurde, auf ein sizilianisches Märchen zurück.Doch leider ist die Geschichte des einst wohlhabenden, später verarmten Mädchens Tina (prächtig: Emma Bell), das sich mit Knochenarbeit den Lebensunterhalt verdient, nur mit Maßen spannend, geschweige denn unterhaltsam.

Natürlich gibt es nach knapp zwei Stunden ein Happy End, wenn Tina endlich den Prinzen ihres Herzens gefunden hat. Bis dahin aber heißt es Nerven behalten. Denn die Musik wühlt hemmungslos in den neoklassizistischen Floskeln, die man spätestens seit Honeggers „Jeanne d´Arc“ als überholt glaubte. Dirigent Paul Daniel verordnete den Wiener Symphonikern im Festspielhaus zwar äußerste Zurückhaltung, konnte aber nicht verhindern, dass die Sänger immer wieder von den Klangwogen aus dem Orchestergraben überrollt wurden.

Davon betroffen war vor allem der Countertenor Andrew Watts, der in der Rolle des „Schicksals“ eine Art „Deus ex machina“ darzustellen hatte. Da hätte man sich doch mehr an stimmlicher Autorität gewünscht. Die anwesende Komponistin wurde von den Besuchern im nicht ausverkauften Festspielhaus höflich gefeiert. Und auch für den chinesischen Regisseur gab es ungetrübte Zustimmung: Chen Shi-Zengs Inszenierung passte sich der konservativen musikalischen Grundstimmung an und beschränkte sich auf pragmatische Arrangements. Der große Wurf ist es nicht geworden, dieses Auftragswerk der Bregenzer Festspiele. Aber wer nichts wagt, der gewinnt auch nichts.

Bei den Bregenzer Festspielen wieder am 28. Juli 2011 um 19.30 Uhr (Telefon 0043/5574-4076)

Veröffentlicht am: 24.07.2011

Über den Autor

Volker Boser

Volker Boser ist seit 2010 Mitarbeiter des Kulturvollzug.

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