Die geliebten Monster in uns und Karl May - Eine Ausstellung des Münchner Zeichners Christian Moser

von Achim Manthey

Monster Neid (Bild: Christian Moser)

Die Münchner Galerie Truk Tschechtarow zeigt in der Ausstellung "Monster, Menschen und Karl May" Zeichnungen von Christian Moser. Sie sind entwaffnende Psychogramme.

Es soll ja bald Frühling werden. Zeit für das Collegium copulandum, nach Moser der lateinische Begriff für Frühlingsgefühle, wieder zu erwachen. Nur sind die Frühlingsgefühle dreifaltig zusammengesetzt aus Brunft, Balz und Betörung. Bewaffnete kleine Monster, die in uns wohnen, mit Keule, Amors Pfeil, Bogen und Kescher auf uns losgehen und uns in den amourösen oder auch nur erotischen Wahnsinn treiben. Ein Entkommen gibt es nicht. Keine Frage, dass sich alsbald der Neid (lat. livor mordax) dazu gesellt, dieses blau-böse, amorphe Etwas. Wer hat den längeren Knochen?

Karl May im Banne seiner inneren Stimmen (Bild: Christian Moser)

Seit längerem schon ist der 46-jährige Christian Moser, der in München lebt und als Buchautor, Illustrator, Comiczeichner arbeitet und seit einigen Jahren auch als Kabarettist unterwegs ist, den Monstern des Alltags auf der Spur. Die Langeweile als lasziv dahingestrecktes Hühnerkörperchen mit Schlafzimmerblick, die Hypochondrie im Bischofsgewand, als, wie er findet, "fromme Glaubensgemeinschaft, die Erleuchtung im Ausloten sämtlicher denkbarer Gebrechen sucht". Chaos, Unpünktlichkeit, Besoffen- und Betroffenheit. All diese kleinen, mächtigen Plagegeister, die die menschliche Psyche so malträtieren, nimmt der Künstler wissenschaftlich-ironisch aufs Korn.

Ein ganzer Raum in der Ausstellung ist Illustrationen aus Mosers neuestem Buch gewidmet, einer humorvollen Karl-May-Biografie. Sie zeigen die Wandlung dieser schillernden Schriftsteller-Gestalt vom Lehrer über den Dieb, Betrüger und Hochstapler, der mehrjährige Zuchthausstrafen verbüßte, hin zum Bestsellerautoren. Als Wegbereiter seiner Läuterung hatte May den Gefängnisprediger Johannes Kochta bezeichnet. Er gilt als Urvater des Winnetou. Eine Illustration zeigt Kochta mit dem Indianerhäuptling als Schatten an der Wand. Die ganze Wahrheit über Old Shatterhand, Kara ben Nemsi und wie sie alle heißen, kann bestaunt werden. Wenn der alternde Held Hand in Hand mit Winnetou "im emotionalen Konflikt zwischen Nscho-tschis weiblichem Liebreiz und Winnetous sanfter Männlichkeit" zu sehen ist, erinnert das allerdings arg an den "Schuh des Manitou". Auch die Ähnlichkeit des Erzengels mit Thomas Gottschalk auf dem Bild "Der steinige Weg der Erleuchtung" ist heftig. Alles führt auf Karl May zurück, eingeholt von seinen Figuren und den Geistern, die er rief, womit sich der Kreis zu den Monstern des Alltags schließt.

Kleiner Kopf 255 (Bild: Christian Moser)

Ganz anders die Endlosreihe "Kleine Köpfe", in der Moser spontan Typen zeichnet, die uns so auch im Job, auf der Straße, in der Kneipe oder im Supermarkt begegnen. Der Stolze, der Überhebliche, die Verhärmte ("No More Bullshit"), die Abgeklärte. Die Bilder schwanken zwischen Karikatur und detaillierter Charakterdarstellung.

Bunt, lustig, spannend, zuweilen entwaffnend. Karl May muss man mögen.

Bis zum 25. März 2012 in der Galerie Truk Tschechtarow, Haimhauserstraße 16B in München, Mi, Do, Fr 17-22 Uhr, sa und So 14-19 Uhr. Freier Eintritt

Veröffentlicht am: 21.02.2012

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