Bitterbös in Schwabing: Karikaturen von Greser & Lenz in der Galerie Truk Tschechtarow

von Achim Manthey

München nimmt die Niederlage bei der Olympiabewerbung gefasst auf (c) Greser & Lenz

Ätzend, bös. Eben so, wie Karikatur sein soll. In der Ausstellung "Bilder für Deutschland" zeigt die neue Galerie Truk Tchechtarow Arbeiten des Karikaturisten-Duos Greser & Lenz.

"München nimmt die Niederlage bei der Olympiabewerbung gefasst auf". Die Karikatur zeigt eine Szene im Münchner Hofbräuhaus. Drei krachledern behoste Stammtischler mit grimmiger Miene krempeln die Ärmel hoch, ballen die Fäuste, ergreifen den Masskrug. "Auf geht's, Buam, da hinten hockt a Busladung Koreaner", feuert einer an. Zur Frauen-Fußball-WM waren auch die Hooligans vorbereitet. Die Zeichnung zeigt die ihren Schlachtruf grölende Horde auf dem Weg zum Stadion: " Ihr habt Orangenhaut, ihr habt Orangenhaut, ihr habt, ihr habt Orangenhaut ...".

Achim Greser (50) und Heribert Lenz (53) gibt es künstlerisch seit Ende der 1980er Jahre als Doppelpack. Sie arbeiteten zunächst als feste freie Mitarbeiter für das Satiremagazin Titanic. Seit 1996 erscheinen ihre Karikaturen regelmäßig in der FAZ, seit 2004 auch im Stern. Ihr Motto: "Jeder Krieg hat seine Opfer, das gilt auch für den guten Witz".

In der Tat: mit beißendem, zuweilen an die Schmerzgrenze gehendem Spott nehmen sie aktuelle Themen auf. Wenn, wie kürzlich, die Stiftung Warentest vor der zunehmend schlechten, ja falschen Beratung in Apotheken warnt, gibt es von Greser & Lenz das passende Bild, auf dem der Pillendreher den Greis belehrt: " Nehmen Sie das Zäpfchen nach dem Essen mit einem Schluck Wasser ein und lesen Sie nicht die Packungsbeilage. Das Kleingedruckte ist schlecht für die Augen".

Im Mai 2011 hat Till Hofmann, der unter anderem auch das Lustspielhaus und die Lach- und Schießgesellschaft betreibt, die Galerie Truk Tchechtarow in Altschwabing eröffnet. Benannt ist sie nach einem Original der Schwabinger Boheme des beginnenden 19. Jahrhundert, einer kurzzeitigen Liebschaft Franziska zu Reventlows. Dazu war er Künstler und offenbar auch ein begnadeter Hochstapler.

Neben tagesaktuellen Arbeiten sind Zeichnungen aus dem Zyklus "Mythos RAF" zu sehen. Die Terroristen leben unauffällig in Mietshäusern und unterwerfen sich Ordnungen, die sie eigentlich bekämpfen. Treppenputzen nach Putzplan. Selbstverständlich wird gewischt und gewienert. Meint die alte Nachbarin: "Sehr ordentlich junger Mann. Sie sind ein Segen für die Hausgemeinschaft". Und der Hausmeister mahnt den Schläfer bei der Begegnung vor dem Lift: " Die Leichen im Keller können sie da nicht liegen lassen. Die Fluchtwege müssen frei bleiben." Zwar soll, so die Karikaturisten, dem Betrachter beim Anschauen nicht das Lachen im Halse stecken bleiben. Aber ist es eine Alternative, wenn ihm das Blut in den Adern gefriert?

Urvogel (c) Greser & Lenz

Im Eingangsbereich der Galerie sind skurille Tier-Karikaturen zu bewundern, in denen die Lebenswirklichkeit auf den Kopf gestellt wird. Der Regenwurm erwürgt die Meise, als wäre er eine Python, der Elefant spielt Karten mit den Mäusen, ein Eisvogel füttert den Hirsch mit einem Wurm. Zum Brüllen die Kuh im Gepardengewand, der schnellste Paarhufer seiner Art. Ein Schelm, wer dabei an Yvonne, das flüchtige Rind, denkt. Der Schäferhund im Beichtstuhl, der das von ihm gerissene Schaf mitgebracht hat, auf das er eigentlich Acht geben sollte. Das hat schon valentineske Züge.

Eine sehenswerte Ausstellung. Und vielleicht ein Raum für Karikatur auch in Zukunft. München könnte das brauchen.

Bis zum 11. September 2011 in der Galerie Truk Tschechtarow, Haimhauser Straße 16 in München-Schwabing, Mi.-Fr. 17-22 Uhr, Sa. u. So. 14-19 Uhr. Freier Eintritt.

 

 

 

Veröffentlicht am: 06.09.2011

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