Gastrokritik zum Restaurant Exil: Wein ja, Gemüse nein - ein Drama, Baby!

von Michael Grill

Ob das Stück ein Happy End hat? Foto: Michael Grill

Das ist so eine dieser Geschichten, bei der man von Beginn an um den Helden bangt vor lauter Sympathie: Ein junger Unternehmer und Theaterenthusiast, der eine neue Heimat für seine kleine Privatbühne sucht und diese mit einer richtig guten Küche kombinieren möchte. Er findet ein altes, schönes Haus in gastronomisch nicht einfacher Lage - und nun beginnt das Drama unter Einsatz von viel Umbau-Geld und noch mehr Herzblut.

Das Exil an der Kreuzung zweier Verkehrsschneisen in Haidhausen ist nun ein dem Kammertheater München von Konstantin Mayer vorgelagerter wunderschöner, weil sehr einfacher und doch edel eingerichteter Gastraum. Stein und Holz scheinen alles zu schlucken, was da an Hektik und Lärm vor der Türe tobt, den Rest erledigt eine angenehme und raffiniert ausgepegelte Beschallung mit Rock-Soul-Klassikern. Bei so viel Stilsicherheit ist sogar die erstaunliche Dichte von Rechtschreibfehlern auf der Web-Seite des Lokals sofort vergessen.

Ein schönes amuse bouche aus Brot, Öl, Salz und Wasser hebt die Laune weiter an. Doch dann - oh, Drama! - müssen wir wieder etwas differenzierter werden: Die Karotten-Orangen-Suppe mit Sesam (4.80 Euro) ist zwar cremig, der Geschmack der Zutaten geht aber in Salz und Knoblauch unter. Beim Löwenzahnsalat (8.50) ist es toll, wie sich die Blätter geschmacklich mit der Soße verbinden, doch einige Zutaten (Tomate, Orange) sind offenbar schon blass in der Küche angeliefert worden. Der geschmolzene Ziegenkäse aber ist ein cremig-crosses Gedicht.

Bei den Hauptspeisen bestätigt sich der Verdacht, dass der Koch ein Salzproblem hat – Liebes-Drama?! Also, „versalzen“ wäre zu viel der Klage, aber es ist so viel Salz, dass es die Nuancen zerstört. Beim Alpenrind (16.90) ist das Fleisch absolut top, die Polenta von schöner weich-fester Konsistenz – doch das Kürbispüree ist so salzig, dass man seine Herkunft ohne die Ansage der Karte wohl gar nicht erkennen würde. Seeteufel und Gambas (14.90) fischelten etwas, der Reis war zu klebrig, die Bohnen in Ordnung. Dann fällt der Vorhang: Die Crepes Susette (6.80) ist fad, wird aber von sehr gutem Mango-Eis begleitet; den Wunsch nach einer Käse-Variation (5.80) erfüllt die sehr aufmerksame Bedienung sogar, obwohl eine solche gar nicht auf der Karte steht – die Auswahl ist gut, aber ohne Charisma.

Ein großes Lob gibt’s für das Wein-Angebot. Ob Pfälzer Weißburgunder (5.50), Südtiroler Cuvee (4.50), Rioja Muriel (4.60) oder Rose Bardolino Chiaretto (4.20) – die Karte gibt ein wunderbares Gesamtbild ab: Alle Weine sind fein, dezent und deuten in ganz viele Geschmacksrichtungen.

Hat das Stück ein Happy End? Das ist noch nicht raus. Bitte beim Kochen weniger Salz und mehr Aufmerksamkeit für Beilagen und speziell Gemüse. Dann kann das was werden.

Rosenheimer Straße 108, Mo 11 bis 15 Uhr, Di -Do 11bis15 Uhr und 18 bis 1 Uhr, Fr 11bis15 Uhr und 18 bis 3 Uhr, Sa 18 bis 3 Uhr, Reservierungen unter Telefon 0151/27029677, Infos im Web: www.exil-muenchen.de

Veröffentlicht am: 09.03.2011

Über den Autor

Michael Grill

Redakteur, Gründer

Michael Grill ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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