Fotobilder von Klaus von Gaffron in Schwabing

Mit den Mitteln der Illusion auf den Spuren der Wirklichkeit

von Michael Wüst

"Ite". Foto: Klaus von Gaffron

Im Center for Advanced Studies der LMU München, herrlich gelegen am Englischen Garten, sind neue Fotobilder von Klaus von Gaffron in der Ausstellung "Illusion" noch bis zum 31. Juli zu sehen. In der Reihe "Kunst am CAS" werden hier regelmäßig Arbeiten von Münchner Künstlern, unterstützt von der UniGalerie der LMU gezeigt. Wir besuchten den Künstler während des Aufbaus.

Die Villa, wenige Schritte entfernt vom Standesamt Mandelstraße und dem Englischen Garten, wurde in den 1950er und 1960er Jahren von dem Philosophen Ernesto Grassi, Ordinarius an der LMU und Gründer des “Centro italiano di studi umanistici e filosofici“, bewohnt. Im Jahre 2008 gründete die Universität im Rahmen einer Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder unter dem Begriff „LMUexcellent“ hier einen Tagungsort für internationale Kooperationen und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Eröffnungsrede hielt der Philosoph Wolf D. Enkelmann.

Wer Ausstellungen von Klaus von Gaffron, wie zum Beispiel die im Schafhof in Freising vor etwas mehr als einem Jahr, gesehen hat, aber auch jene in der Pasinger Fabrik, dem Kulturamt Straubing oder der Städtischen Galerie Rosenheim, der weiß, wie der Künstler seine Arbeit zu inszenieren weiß. Den empfindlichen Arbeiten gegenüber steht er dazu allerdings auch geradezu in der Pflicht. Die minimalistischen Farbbewegungen der Bilder verlangen eine rhythmisch serielle, musikalische Hängung. So gelingt es, dass Zartheit in genau gefühlten Abständen punktiert wird mit kräftigen Akzenten, die wiederum ausklingen können bis in den ungreifbaren Horizont einer weißen, leeren Wand. Doch schon bahnt sich eine neue Kontraktion an. Gaffron-Ausstellungen sind musikalisch, weil sie Bewegungen in der Zeit sichtbar machen. Schon im einzelnen Bild besteht die Tendenz der Farbe, das Format zu verlassen. Das nennt Gaffron die Farbgeschwindigkeit. Gaffron-Ausstellungen als Ganzes könnte man also auch als Notierungen, Kadenzen von Farbe und Zeit bezeichnen. Sie zu sehen, heißt sie zu spielen.

"Tem 1". Foto: Klaus von Gaffron

In der Grassi-Villa des Center for Advanced Studies kann der „Interpret“ der Ausstellung „Illusion“ gar nicht anders, als einer ersten Exposition nach, zu Beginn links zu folgen, über offene, grün-gelbe Anfangsakkorde hinweg, um sich anschließend in eine Rechtsdrehung der farbmusikalischen Ausführung zu begeben: Rechts drehender Wirbel, der aufsteigt in den ersten Stock der Villa, immer wieder abgestoppt durch rotblaue und rotbraune Kontraktionen, dominanter Art. Hier kulminieren die Farbklänge, kontrahieren und wiederholen ein klassisches Spiel, das Zwangsläufige des Offenen zum Geschlossenen hin. Ein immer wieder beobachtetes Spiel der Zeit vom Aufbruch, der Idee, der Utopie zum dramatischen Antagonismus zu gelangen. Stoppschilder sind ja auch rot. Gaffron wäre aber natürlich nicht der Farbtonsetzer, der er ist, wenn er seinen roten Ausrufen nicht ihr eigenes Verklingen mitgegeben hätte. Eine Durchlässigkeit ermöglicht hätte, die den Prozess von neuem beginnen ließe. All dies also Beobachtungen eines Pulses, der unser Leben zu bestimmen scheint. Wer nahe hingeht, kann weit sehen! Illusion, die Wahrheit nachspielend.

Center for Advanced Studies, Seestraße 13, am Englischen Garten. Anmeldungen unter info@cas.lmu.de oder 089 / 2180-72080

 

Veröffentlicht am: 29.04.2014

Über den Autor

Michael Wüst

Redakteur

Michael Wüst ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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