Ecco Di Lorenzo mit "Self-fulfilling Prophecies"

Verschroben, vogelwild - und mit Frack und Fliege aus der Zeit gefallen

von Michael Grill

Ecco Meinecke verwandelt sich in Ecco di Lorenzo. Foto: Ferdinand Zahn

Manchmal entdeckt man auch in einer langjährigen Beziehung noch etwas völlig Neues. Wer also das quietschbunte Schaffen des Moderators, Texters und Lach-&-Schieß-Ensemblemitglieds Ecco Meinecke sowie seines musikalischen alter ego Ecco Di Lorenzo so einigermaßen verfolgt zu haben glaubt, mag trotzdem überrascht sein, wenn nun ein Album des Ecco Di Lorenzo Quartetts erscheint: Jazz aus einer Zeit, als die Töne blue und die Bilder schwarz-weiß waren. Und ungläubig fragt man: Schatz, warum hast Du mir denn nie davon erzählt?

Denn das Quartett existiert tatsächlich schon seit 15 Jahren. Meineckes von Nat King Cole inspirierte Formation war neben seiner sehr viel bekannteren "Innersoul" nicht so richtig sichtbar - und ihr Debüt auf Tonträger erscheint erst jetzt. In meist kleiner Besetzung spielt man da zusammen, aus der Chris Gall am Piano herausragt.

Die Scheibe "Self-fulfilling Prophecies" ist in vielerlei Hinsicht eine Überraschung: Jazz, Swing, Bossa klassischster Prägung, vorgetragen mit Frack und Fliege - dass es so etwas noch gibt, dass sich das noch einer traut! Meinecke singt dazu ganz überwiegend auf Deutsch, was schwer genug ist im Reich der Jazzphrasierungen, und was die Sache noch etwas mehr in Richtung von Opas Jukebox verschiebt. Es sind angenehme, elegante Lieder, aber vogelwild und aus der Zeit gefallen: Ganz entfernt vom Horizont winkt freundlich mal Sinatra herüber, während von links und rechts immer wieder deutsche Unterhaltungsgrößen der 70er Jahre auf Showtreppen herumstehen, von Peter Frankenfeld bis Rudi Carell: Da ergibt sich ein weites Feld, auch bei einer stilistisch so eng gefassten Veranstaltung.

Das Ecco Di Lorenzo Jazz Quartett auf der Bühne. Foto: Ferdinand Zahn

So hört man zu Beginn auch auf CD ein künstliches, also ironisches Analogknacksen, und dann heißt es in "Sie ist oldfashioned": "Sogar ihr Herd hat Platten aus Vinyl" - so könnte das auch im Kabarett hübsch swingen. "Ich bin ein Sieger, ein Königstiger", knödelt Meinecke später in "Es ist ein Wunder" als verschmähter Stenz: Das ist durchaus auch stimmlich mutig, und schmunzeln kann man immer.

Der Song "Favela" hingegen beeindruckt mit der geschickten Umstellung auf Sprechgesang, um angelehnt an Baden Powell und den Bossa Nova ein Statement zur politischen Lage in Brasilien abzugeben. Das "Ultimative Liebeslied" hält was sein Titel verspricht, und ist auch sonst der beste Song des Albums.

Diese Musik ist manchmal komisch und dann auch wieder faszinierend. Diese Musik hat keine Chance, weil sie keinerlei Mode entspricht und in ihrer klassischen Qualität selbst im Jazz-Kontext verschroben abseitig ist. Aber sie ist sehr gut, weil sie so schwebend, unschuldig und leichtsinnig ist. Und weil irgendjemand ja auch diesen Job machen muss.

Ecco Di Lorenzo Jazz Quartett: Self-fulfilling Prophecies (GLM)

Veröffentlicht am: 07.11.2012

Über den Autor

Michael Grill

Redakteur, Gründer

Michael Grill ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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