Nikolai Vogels Roman "Spam Diamond"

6000 Euro pro Woche und fantastischer Sex: Schriftsteller Nikolai Vogel träumt von der einzig wahren Spam-Mail

von Isabel Winklbauer

Liebt analoge Tonbandgeräte: Schriftsteller Nikolai Vogel (Foto: Isabel Winklbauer)

Penisverlängerung, Erbschaft vom Onkel in Afrika, die Freundin mal wieder richtig beglücken - ab in den Papierkorb. Aber was wäre, wenn unter allen Spam-Mails, die uns täglich erreichen, irgendwo doch ein Diamant steckt? Eine Mail, in der es um wirklich dickes Geld geht, um fantastischen Sex und um den Ausstieg aus der täglichen Tretmühle?

Es ist der Traum vom großen Los, den der Münchner Schriftsteller Nikolai Vogel in seinem Roman „Spam Diamond“ durchspielt. Sein Held, genannt Thomas Vogel. wird Geldbote für Diamantenschmuggler und verdient 6000 Euro pro Woche. Natürlich schmeißt er seinen alten Job hin, verliebt sich außerdem unsterblich in seine Mittelsfrau in Antwerpen.

„Ich bin vor allem neugierig, wie Frauen auf den Roman reagieren“, sagt Nikolai Vogel beim Kulturvollzug-Interview in seinem Atelier in der Platform3 in Obersendling. Hier tüftelt der 40-Jährige gerne an Installationskunst. Speziell analoge Tonbandgeräte mag er, die sporadisch Worte absondern, erklärt er zwischendurch. „Also, theoretisch könnte "Spam Diamond" ein ganz schlimmer Machoroman sein, wenn ich ihn nicht in einem ganz speziellen Stil geschrieben hätte.“

Gewitzt vor Tonträgern und Erinnerungskisten (Foto: Isabel Winklbauer)

In der Tat ist Veronique, die niederländische Traumfrau des Glückspilzes Thomas Vogel, eine Provokation. Sie sieht aus wie die Tochter von Liz Taylor und Aishwarya Rai, geht in High Heels locker wie in Birkenstocks, liebt Bier mit Fritten. Und natürlich mag sie Oral- und Analsex, vor allem während ihrer Periode.

Eine Göttin. Der Leser erlebt dieses Wunderding allerdings, als säße er im Kopf des Helden direkt hinter dessen Augen. „Sozusagen im Cockpit“, meint Vogel. „Ich wollte Geschwindigkeit, die unmittelbare Gegenwart beschreiben.“ Es gibt deshalb keine wörtliche Rede, kein rückblickendes Erzählen, nur Tempo. Einen Bewusstseinsstrom, in dem ein Gedanke den anderen, eine Tat die andere jagt. So tief in einen Mann hinein schauen zu können, entschädigt weibliche Leser doch für Einiges.

"Spam Diamond" (Foto: Eltorn)

Schade nur, dass der Held so simpel gestrickt ist. Da hat er nun Tausende Euro auf der hohen Kante und tut nichts als Biersorten testen und Sex in allen Stellungen auszuprobieren. So langweilig kann doch kein Mann sein! Nein, natürlich geht es auch für Thomas Vogel, Finder des Spam Diamond, nicht ewig so weiter. Im letzten Drittel beginnt auch er, von der Insel zu träumen, vom zweisamen Familienglück mit Veronique. Der Leser rast mit ihm auf den letzten Seiten der Erfüllung dieses Traums regelrecht entgegen.

Wovon aber träumt Nikolai Vogel? „Fürs erste hoffe ich, der Roman kommt in den Niederlanden heraus“, sagt der Autor, der 2005 schon beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb aus seinem ersten, noch unveröffentlichten Roman las. Beim österreichischen Haymon Verlag, wo „Spam Diamond“ erschienen ist, laufe das ja alles nicht so selbstverständlich, meint er, immerhin habe er für die Geschichte intensiv in Antwerpen recherchiert. Die Stadt lasse sich München gut entgegen setzen: Rubens im Museum, viele Biersorten, wirtschaftlich stark.

Der Künstler in China Town, NewYork (Foto: Silke Markefka)

Alle Schauplätze des Romans hat er persönlich besucht, vom Zeltplatz bis zum St. Anna Strand. Die Akribie des Wissenschaftlers kommt hier durch. Schließlich hat er an der Münchner Uni außer Germanistik und Philosophie auch Informatik studiert. Zum Durchbruch dürfte diese Seite allerdings selten kommen, allein schon weil Vogels Lebensgefährtin, die Künstlerin Silke Markefka, dem Einhalt gebietet. Sie malt Kronleuchter, ebenso Kinder und Touristen aus merkwürdig flüchtigen Blickwinkeln. Die Leinwände stehen den Tonband- und technischen Krimskramskisten des Schriftstellers gegenüber, in diesem Atelier drängen sich die Ideen.

Auch von der Verfilmung von „Spam Diamond“ träumt Nikolai Vogel, manchmal. „Aber dann bitte nicht in Deutschland oder Hollywood. Am liebsten in Frankreich. Leider kann man es sich ja nicht aussuchen, wenn wirklich ein Angebot kommt.“

Am Sonntag, 25. März 2012, 15.00 Uhr im Rahmen der Ausstellung "A public moment" präsentiert Nikolai Vogel eine Vernissageszene aus „Spam Diamond", Plattform 3, Kistlerhofstr. 70, Haus 60 in München

Veröffentlicht am: 22.03.2012

Über den Autor

Isabel Winklbauer

Redakteurin

Isabel Winklbauer ist seit 2011 Mitarbeiterin des Kulturvollzug.

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