Da Blechhauf'n live in Ehrwald

Im Windschatten von La Brass Banda, aber noch kein neues Blechwunder

von Michael Grill

Hat noch gefehlt: Da Blechhauf'n. Foto: Illustration Robert Kratschke

Seit La Brass Banda Blasmusik und Coolness zusammengebracht hat und damit auch noch über die Maßen erfolgreich ist, boomt im Alpenraum die blechbearbeitende Musikindustrie. Zu den interessantesten Vertretern der Neuen Blasmusik gehört Da Blechhauf'n aus dem Burgenland. In Ehrwald in Tirol (gleich hinter der Grenze bei Garmisch) spielten sie live.

 

Dort konnte man allerdings sehen und hören, dass für das Sieben-Mann-Ensemble noch ein gutes Stück Weg zu bewältigen ist bis zum neuen Blechwunder.

Da Blechhauf'n ist wohl die puristischste unter den neuen Bands: Es kommen ausschließlich Blechbläser zum Einsatz, außerdem ist man überwiegend noch sehr nah dran an der klassischenVolksmusik. Die Musiker haben akademische Musikausbildung und in ihren weiteren Künstlerexistenzen Engagements von der Wiener Staatsoper bis zum Burgtheater. Am Devotionalienstand gibt es nicht nur CDs, sondern auch Wein, mutmaßlich aus eigenem Burgenländer Anbau. Alle Musiker versuchen sich an einer bandgerechten Typenbildung (der Womanizer, der Tollpatsch, der Seriöse...), am überzeugendsten ist dabei Albert Wieder an der Helikon-Tuba, der sein Instrument so konsequent mit nur einem Arm bedient, dass man sich zwischenzeitlich zu fragen beginnt, ob die Ursache auch eine tatsächliche Einarmigkeit sein könnte (was nicht der Fall ist).

 

Leider hat an diesem Abend die Gesangsanlage die Qualität eines Schulturnhallenlautsprechers, was den Hörgenuss weiß Gott nicht steigert. Gleich zu Beginn lässt ein „Move it!“ aufhorchen – so simpel nah dran am großen Vorbild? (Auch La Brass Banda  haben den Disco-Kracher als Standard im Live-Programm).

 

Doch dann distanziert und emanzipiert man sich: Da Blechhauf'n klingt mal wie die Biermösl Blosn, mal wie das Blasorchester der Bundeswehr, mal wie ganz was Eigenes . Dabei sind sie mit unverstärktem Blech so laut, dass es selbst dem Metal- und Punk-geübten Ohr zu viel sein kann. Fast alles ist krachert, und immerzu fahren sie auf der Satire-Schiene. Zu hören ist Henry Valentinos „Im Wagen vor mir (fährt ein junges Mädchen)“ in einer sehr eigenwilligen Fassung, Barry Ryans „Eloise“ und zwischenrein ein kleiner Walzer.

 

„On The Road“ heißt das Programm, und es kommen auch hinreichend Schüttelreime aus dem Ösi-Kreisverkehr: „Wir wern uns an die Lotte ketten, die macht die besten Koteletten.“ Noch mehr geht es um die hiesigen Formen des Alkoholgenusses: „Mein Auto sauft so viel wie i“. Am Rastplatz wird dann gscheit gebieselt samt tatsächlich heruntergelassenen Hosen und tatsächlich nicht so richtig lustig nasser Bieslhose. Wie überhaupt die Wortbeiträge und Zwischenspiele von sehr wechselhaftem Unterhaltungswert sind. Doch dann geht’s wieder ab mit schönstem Dixieland-Gebläse oder herrlichem Barock-Pop – und man ist versöhnt.

 

Zwei Nummern sind allerdings symptomatisch für eine immer wieder spürbare Unausgegorenheit des Vortrags: Vier von den Sieben spielen ein vollbesetztes Auto; die Instrumente machen die Geräuschkulisse, die Tuba den Anlasser, die Posaune den Gegenverkehr und so weiter – es ist richtig komisch. Dann kommt die Alkoholkontrolle: „Blasen Sie da mal rein“ was für ein schöner Satz für so eine Band. Doch schon ist die Nummer vorbei ohne dass man recht weiß wohin es eigentlich gehen sollte. Oder, als zweites Beispiel, als sie einen originalen Text der Kastelruther Spatzn zu Gehör bringen und dabei ständig betonen, wie dämlich der doch sei – was natürlich stimmt. Aber wäre es nicht lustiger, wenn man sich das selbst erschließen könnte?

 

Da Blechhauf'n ist eine grundsympathische Erweiterung einer musikalischen Idee, die der ernstzunehmenden Volksmusik auch nach den Hubert von Goiserns und Attwengers der 90 Jahre – und auch neben dem aktuellen Erfolg der La Brass Banda – noch gefehlt hat. Doch der wilde Hauf'n braucht noch ein wenig Regie und Dramaturgie, wenn sein Programm richtig rund werden soll. Wenn die Österreicher dann noch die Lautstärke ein wenig herunterfahren und am Schluss „Girls Girls Girls“ nicht von Sailor sondern von Mötley Crüe anstimmen – dann fahren wir dafür auch wieder bis nach Tirol.

Veröffentlicht am: 12.03.2012

Über den Autor

Michael Grill

Redakteur, Gründer

Michael Grill ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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Elke
12.03.2012 16:42 Uhr

Am 26.8. sind die Jungs übrigens auch in München auf der Seebühne im Westpark zu erleben - man muss also nicht bis nach Tirol fahren :)

http://kulturgipfel.de/index.php/veranstaltung/452/Seebuehne-im-Westpark-Muenchen-Da-Blechhauf_n-On-the-Road