Blaues Auge im Schwere Reiter

von kulturvollzug

Vor zwei Jahren verzauberten sie uns mit einer Performance so, dass man am Ende meinte, zu wissen, was „Flispernde Klangzwirbel“ (so der Titel) seien. Mit seiner neuen Produktion „Imagine - das blaue Auge“ zwirbelt das eigenwillige Duo Urte Gudian & Ardhi Engl nicht nur unsere Hör-, sondern auch Sehgewohnheiten gegen den Strich.

Denn das Auge, das sich wie ein Riesenwurm in unsere Netzhaut schlängelt, ist nicht blau, sondern bernsteingolden wie das von Urte Gudian. Der Musik-Experimentierer Ardhi Engl widmet seine Erfindungsgabe nun auch virtuellen Bildern, mit denen er den fast leeren Echt-Raum des Schwere Reiter mit seinem Video-Double so überlagert, dass man rätselt, was real und was Fake ist.

Da geht die Tür in der Rückwand auf und die Schauspielerin tritt auf - denkt man. Irrtum. Sie kommt erst später, durch die gleiche, aber diesmal echte Tür. Ardhi Engls Computerprojektionen machen die Mauer zum Bühnenbild, in dem sich die Tänzerin und Sängerin Urte Gudian so selbstverständlich wie in einem dreidimensionalen Raum bewegt. Ihre Silhouette wird umflossen von einer weißen Linie, die danach als gemalter Umriss auf dem schwarzen Grund stehenbleibt. Bis Gudian sie einfach auswischt und graue Schlieren hinterlässt. Das Licht von Barbara Westernach ist hier der dritte künstlerische Partner.

Immer wieder staunt man erheitert über Ardhi Engls selbstgebaute Instrumente und ihre Nutzung. Da kann ein Staubsaugerrohr mit Trichter klingen wie ein Saxofon oder Didgeridoo, kann mit einer Saite bespannt auch gestrichen oder mit Schläuchen belebt werden. Urte Gudian verblüfft mit einer ans Mongolische erinnernden Fantasiesprache, ihr an Butoh und anderen asiatischen Techniken orientierter Tanz integriert sich nahtlos in die Kunst-Bilder. Am Ende tanzt sie sogar mit einem Abrissbagger.

Hoffentlich ist diese subtile und kreative Aufführung bald wieder zu sehen - am liebsten im Wechsel und Vergleich mit den „Flispernden Klangzwirbeln“.

Gabriella Lorenz

Veröffentlicht am: 22.11.2010

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