Jan Garbarek und das Hilliard Ensemle mit Chorälen in der St. Lukas Kirche: Wie eine Orchidee

von kulturvollzug

Jazz-Saxofonist Jan Garbarek, Foto: Guri Dahl

Alt und neu zu mischen ist immer riskant. Entweder es geht daneben - oder es geschieht etwas Wunderbares. Bei Jan Garbarek und dem Hilliard Ensemble tritt meistens letzteres ein. Der Saxophonist und das Vokalensemble sind derzeit mit dem 2010 erschienen Programm „Officium Novum“ auf Tour.  Auch in der Münchner St. Lukas Kirche machten sie Station.

Zu Beginn erscheint der norwegische Star allein auf der Bühne, dabei ein Solo spielend. Das Hilliard Ensemble folgt dem Ruf, der ihm vorauseilt. Es kommt würdigen Schrittes aus den Ecken der Kirche hervor, stimmt dabei seine Grundtöne in aller Reinheit an. Im Spiel mit dem Raum ergibt sich ein eindrucksvolles Klangerlebnis. Es ist, als ob die Töne sacht herabschweben würden, um sich auf der Bühne zu vereinen.

Anschließend stehen Gesänge aus dem 13. bis 16. Jahrhundert an, darunter auch einige armenische, für die die Briten aber etwas zu wenig Soul in der Stimme mitbringen.

Wie eine Orchidee ranken sich dazu Garbareks Improvisationen empor und entfalten einen Klang von schwebender Archaik, der direkt ins Herz dringt. Alt und neu - hier ist das eine ganz selbstverständliche Symbiose. Das Saxophon dient als Verfremdungselement, es betrachtet sozusagen die mittelalterlichen Gesänge mit einem modernen Blick.

Der puristische Klang füllt perfekt den schlichten und doch imposanten Raum der St. Lukas Kirche.  Als plötzlich und geheimnisvoll hinter der Szene eine Tür schwer ins Schloss fällt, ist das Konzert vorbei. Das ist zwar schade wegen der Schönheit, die man erleben durfte. Aber auch eine Erleichterung, denn nach knapp anderthalb Stunden fröstelt das Publikum. Entspannt verlässt das Publikum die Kirche. Die Choräle haben seinen Großstadtpuls beruhigt. Wenigstens für einen Abend.

Sarah Hilgendorff

Ein Zusatzkonzert ist wegen der großen Nachfrage angekündigt, Details stehen noch nicht fest.

 

Veröffentlicht am: 09.11.2011

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