Helden im Platzregen: Die Münchner Rock- und Punk-Legende The Comics nach 20 Jahren wieder im Theatron

von Michael Grill

The Comics 2011. Foto: gr.

Die Band The Comics um den später als „Schwabinger Schaumschläger“ bekannt gewordenen Autor Michael Sailer gehört zum Legendenschatz der Münchner Punk- und Rockgeschichte. Ihr historischer Platz ist zwischen Tollwut und Dead City Radio in den späten 80ern. So war es eine zumindest lokale Sensation, als plötzlich ihre Wiedervereinigung für einen Auftritt im Theatron angekündigt wurde – gut 20 Jahre, nachdem sie zuletzt dort auf der Bühne standen.

Doch auch die größte Sympathiewelle schützt vor dem Münchner Sommer nicht: Als am Montagabend die auf sechs Musiker erweiterte Band im Olympiapark den Soundcheck entspannt in ein Konzert übergehen ließ, goss es aus so großen Kübeln, als sollte noch in dieser Nacht der Olympiasee über die Ufer treten und die Reste der Münchner Punk-Vergangenheit für alle Zeiten hinwegspülen. Die nahe Imbissbude hatte zwar pünktlich mit dem Konzertbeginn ihren Betrieb und den Ausschank eingestellt, doch wer noch ein Bier ergattert hatte, dessen Glas wurde für den Rest des Abends nicht mehr leer.

The Comics 1990. Foto: Archiv Comics

Sänger und Gitarrist Sailer kommentierte es so: „Bald 30 Jahre lang habe ich mir gewünscht, diese Band selbst mal live sehen zu können, aber heute Abend ist mir der Platz auf der Bühne doch lieber als der im Publikum.“ Es war heldenhaft, wie viele Freunde und Fans der Band im totalen Regen nicht nur ausharrten, sondern feierten und tanzten.

„Back To The Underworld“ eröffnete das gut einstündige Set, David Bowis „Heroes“ schloss es ab. Man erkannte: Die Comics waren und sind eine sehr Münchnerische Mischung aus Stones und Clash, eine rotziges Kind der Punk-Jahre, das trotzdem ganz viele Blues-Licks spuckt. Sie spielten, als wären 20 Jahre gar nichts. Die erweiterte Besetzung tat gut, da sie den Sound nicht nur voller, sondern auch vielfältiger machte. Es war ein nasser und bewegend melancholischer Abend, klar. Aber es blieb auch das schöne Gefühl, dass diese Musik nicht alt wurde und nicht alt werden wird. Auf Wiedersehen in 20 Jahren? Gerne auch früher.

 

Wie auch bei einem früheren Bericht im Kulturvollzug über Michael Sailer als Autor möchten wir auf Folgendes  hinweisen:

Der Autor dieses Textes, Kulturvollzug-Redakteur Michael Grill, glaubt von sich sagen zu dürfen, dass er mit Michael Sailer befreundet ist, und er möchte aus dem hier gegebenen Anlass und aus Gründen der journalistischen Korrektheit auf diesen subjektivierenden Umstand hinweisen.

 

Veröffentlicht am: 17.08.2011

Über den Autor

Michael Grill

Redakteur, Gründer

Michael Grill ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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Theo
17.08.2011 15:02 Uhr

als ich las, dass die Comics (ehem. Tollwut) ein Revival im Theatron geben,war ich Feuer und Flame, den Termin dick im Kalender vorgemerkt! Eine der geilsten Bands damals und meine absoluten Favoriten. Meine Munic-Ramones! Aber was musste ich sehen? Erstens NUR Michi Sailer ???? Olli Fischer + Thomas Schindler = Fehlanzeige , stattdessen Eine Combo aus Studiomusikern! Sorry, aber das war nicht das was ich mir vorgestellt bzw. gewünscht habe. Das geilste war immer ihre Verschrobenheit und ihre Schnelligkeit, Sailer konnte nie richtig singen, die andern beherrschten ihre Instrumente mehr oder weniger - ABER das war Münchner Punk - musikalisch waren sie nie wirklich punkig, sorry Hr. Grill. Ich war echt enttäuscht und bin nach einer halben Stunde wieder gegangen und das nicht wegen dem Regen! Es wäre wohl besser gewesen als \"the NEW Comics\" aufzutreten. Aber als sein Freund, ist klar dass Sie das anders bewerten.

Michi
18.08.2011 09:21 Uhr

Lieber Theo, es ist manchmal nicht schädlich, sich zu informieren, spätestens vor dem Kommentieren: die Comics, die du meinst (die "Ramones-Version") gab's tatsächlich, von Frühjahr 1983 bis Sommer 1984, also ein paar Monate lang. Dann (in den folgenden 12 Jahren) änderte sich die Musik und auch die Besetzung. Das Wort "Combo aus Studiomusikern" ist wohl der Enttäuschung geschuldet, drum werden die langjährigen Bandmitglieder, die am Montag dabeiwaren (ebenso wie die, die nicht dabeiwaren), wohl ebenso wenig sauer sein wie ich - man kann's nicht allen recht machen (und wollte das an diesem Abend und in all den Jahren auch garantiert nicht!).

Michi
18.08.2011 09:23 Uhr

Oh, sorry, und zur Vermeidung von Mißverständnissen: mein Nachname ist Sailer.