Gastrokritik zur Menterschwaige: Von aufgebrezelten Aufschneidern und dampfenden Gedichten

von Michael Grill

Die Menterschwaige wusste schon König Ludwig I. zu schätzen, allerdings hatte der mit Lola Montez im nahen Hofschmied-Häuschen anderes im Sinn als den Genuss von Bier und Brezn. Der ehemalige Reitstall neben dem berühmten Biergarten ist in unserer Zeit der sinnliche Mittelpunkt des schönen Areals, zumindest im Sinne von Speis' und Trank. Die Wirtsfamilie Schottenhamel hat ihn zu Jahresbeginn renoviert und die Karte neu ausgerichtet. Wer früher schon mal da war, erkennt die Schwaige trotzdem wieder, sie wirkt aber aufgeräumter, klarer. Kulinarisch will man nach früheren Ausflügen ins Internationale nun wieder mehr Akzente setzen und dabei fest auf bayerisch-österreichischem Boden stehen. Schau ma mal – die Erwartungshaltung passen wir jedenfalls dem Preisniveau (um 20 Euro für Fleischgerichte) an.

Wir starten mit marinierten Scheiben von der Kalbshaxe mit Weißbier-Majonäse (10.90 Euro) – das Fleisch ist schön dünn aufgeschnitten und zart. Bei der hausgebeizten Lachsforelle mit Reiberdatschi (12.50) irritiert ein Chicoree, der grün und deshalb bitter ist. Ansonsten: Die probierten Vorspeisen sind bodenständig, aber eher im Sinne von sehr normal.

Weiter geht’s mit gesottenem Ochsentafelspitz in Meerrettichsoße mit Wirsinggemüse (18.80). Die Fleischstücke sind von unterschiedlicher Qualität, der Meerrettich genau richtig brennend scharf. Das Gemüse wird zusammengehalten von einer sämigen Soße, doch dabei harmonieren die sehr weichen Möhrenstreifen und der nur kernig-kurz angedünstete Wirsing nicht. Noch härter trift es den vegetarischen Teller: Zwar schwebt der Ingwer köstlich über dem Rote-Beete-Birnen-Gemüse (12.50), doch die beiliegenden Teigtaschen muss man angetrocknet nennen. Und ob sie wirklich „dreierlei vegetarisch gefüllt“ sind, ist eine stolze Behauptung, die der Gaumen nicht verifizieren kann. Am buchstäblich härtesten aber sind die Baguette-Scheiben (0.75), die auf Nachfrage als Brot an den Tisch kamen – darf das denn sein?

Der Koch mag wohl eher Süßes: Das warme Schokoladensoufflet (7.80) ist ein dampfendes Gedicht (was aber, bittesehr, soll im März eine Erdbeere?), neben dem Apfel-Scheiterhaufen (5.80) besticht ein herrliches Nusseis (5.80). Generell ist noch zu sagen, dass die Speisen extrem schnell auf den Tisch kamen, und dass die Portionen, nunja, nicht wirklich zu klein sind, aber doch so, dass man auf seine Linie achten kann.

Was gut und was schlecht ist an der neuen Schwaige zeigt auch symptomatisch die probierte Weinpalette: Der fränkische Silvaner (5.20) und der Pfälzer St. Laurent (5.80) sind klar, einfach und gut. Das Cuvée „S“ aus sage und schreibe fünf Traubensorten ist ein aufgebrezelter Aufschneider (6.30). Und der Burgenländer Rose liegt mit Babyblässe in jeder Hinsicht still im Glas und ist mit 8 (!) Euro schlicht viel zu teuer. Beim König hätt's das nicht gegeben? Wer weiß.

Menterschwaigstraße 4, geöffnet täglich von 11 bis 24 Uhr, Reservierungen unter Tel. 640732, www.menterschwaige.de

Veröffentlicht am: 03.04.2011

Über den Autor

Michael Grill

Redakteur, Gründer

Michael Grill ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

Weitere Artikel von Michael Grill:
Andere Artikel aus der Kategorie