Die Spaßmacher Django Asül und Markus Söder beim Maibock-Anstich im Hofbräuhaus

Kabarett-Diplomatie mit Streifen vom fränkischen Karpfen

von Michael Grill

Kurz vor dem Anstich im HB-Festsaal. Foto: Michael Grill

Das ist eine erstaunliche Entwicklung: Da arbeitet sich der Kabarettist Django Asül über Jahre hinweg beim Hofbräu-Maibock-Anstich in eine Position, von der aus Vergleiche mit dem gar-nicht-mal-mehr-so-übermächtigen Nockherberg überflüssig werden. Und dann kommt ein Finanzminister, der also solcher ja auch Hofbräu-Chef ist, ein Herr Söder, und beginnt mit seinen Grußwort-Reden die Position des Künstlers sozusagen von innen her zu gefährden. Heuer war es endgültig so weit, dass wegen Markus Söders Ambitionen, möglichst bald Nachfolger von Horst Seehofer (CSU) als Ministerpräsident zu werden, der Festredner nur von zweiter Position aus ins Rennen ging. Doch am Ende gewann er.

Asül muss die Herausforderung zumindest gespürt haben, denn sein insgesamt achter Auftritt beim Hofbräu war schon von seiner schieren Länge her eine Kraftanstrengung. Dass die Vorspeise aus "Streifen vom fränkischen Karpfen" bestand, mag hingegen wohl wirklich ausschließlich Zufall gewesen sein.

Finanzminister Markus Söder (CSU). Foto: Hofbräu München / Sigi Jantz

Punkt 18 Uhr jedenfalls zieht Söder in den Festsaal ein, im Winke-Winke-Stil irgendwo zwischen Papst und Narhalla. Anschließend übertreibt es Hofbräu-Chef Michael Möller ein wenig mit den Formen der Höflichkeit, als er "unseren Chef, unseren obersten Chef, der Herr Staatsminister der Finanzen" ankündigt.

Jedenfalls: Söders folgende kabarettistische Zurückhaltung hatte etwas Feiges. (Die Grünen-Fraktionschefin Magarete Bause beschimpfte ihn laut Münchner Merkur noch im Saal als "Feigling"). In ihrem Bemühen, eine Ministerpräsidenten-Kandidatur nicht wegen einer groben Starkbierrede zu gefährden, hatte sie aber durchaus auch etwas Elegantes. Er musste sich entscheiden "zwischen einer halben Stunde Spaß und einem halben Jahr Ärger", wie er selbst sagte, doch das war noch untertrieben: Für Söder geht es inzwischen todernst ums Ganze, also seinen Lebensplan.

Söder startete seine Gradwanderung zwischen Anbiederung ("Ich finde bayerische Köbnige besser als fränkische Kaiser") und ausgefeilter Koketterie "Sie sind sicher gespannt auf eine kleine liebevolle Begrüßungsrede von mir. Mein Frau hast gesagt: Leb es aus, man weiß nie, ob es das letzte Mal ist.") So streifte man die Landesbank, sah Babara Stamm als Queen Mum von Bayern und Marcel Huber als kleinen Running-Gag, "der auch noch auf die Zukunft hofft". Beim Franken-Tatort, noch so ein unerklärlicher Medien-Hype, wäre Söder gerne ein Franken-James-Bond, werde aber von SPD und Grünen nur als Leiche eingeplant.

Ganz erquicklich war der Verweis auf Münchens OB Dieter Reiter (SPD): Wie der im letzten Jahr bis zur letzten Sekunde die Geduld behalten habe, bis Vorgänger Ude endlich ging - "da kann man wirklich viel von lernen". Schließlich lässt sich Söder von einer Seehofer-Stimme auf dem Handy anrufen, die ihm eine "offizielle" Rede aufzwingt: "CSU supersuper, Maibock supersuper." Und: Prost!

Django Asül. Foto: Hofbräu München / Sigi Jantz

Da blieb, man sieht es, Raum für einen Kabarett-Profi wie Django Asül, und der füllte ihn dankend aus.

Söder sei als Heimatminister in Nordbayern ja bereits "quasi eine Art nordbayerischer Ministerpräsident", knarzte Asül. Bei der BR-Serie "Dahoam is Dahoam" habe er den uneigennützigen, charmanten Politiker gespielt: "Die Zuschauer und Kritiker waren irritiert: Sie hätten Söder so eine Verwandlungsfähigkeit nicht zugetraut. " Da war dann doch schnell wieder klar, wer der Herr im Bierkeller ist. Gern genommen werden dort ja ohnehin deftige Anmerkungen zur Bedeutungslosigkeit der bayerischen SPD ("Den Rinderspacher hab ich neulich gegoogelt. Da fragt mich Google: Meinten Sie Rinderbraten?") und zur Falschheit von EU-Repräsentanten: "Weil in Europa alles mit rechten Dingen zugeht, darf jetzt der EU-Kommissionspräsident Juncker gegen den Luxemburger Staatschef Juncker ermitteln. Da hat selbst der Sepp Blatter gesagt: Passts auf, der bescheißt."

Aus der Münchner Kultur kam natürlich nur ein Thema in Frage: "Der Horst Seehofer ist sich sogar einig mit dem Münchner OB Reiter. Beide wollen den Gasteig umbauen und keinen Neubau. Weil ein Neubau nämlich billiger wäre. Und da sagt der Seehofer: Für billige Lösungen stehe er nicht zur Verfügung."

Nach getaner Arbeit... Foto: Hofbräu München / Sigi Jantz

Beim Thema Doppelpass äzte Asül, wie gut ihm der gefalle, denn er mache frei und flexibel: "Da wacht man in der Früh auf und sagt sich: Mei, ich glaub, heut bin ich mal wieder Deutscher. Weil ich zum Frühstück frische Weißwürschte will. Oder: Heut bin ich a Türk. Weil, dann kann ich mit meiner Frau auf traditionelle Art kommunizieren."

Dann der finale Hieb auf den Chef, den obersten Chef: Söder habe bei der Feier seines Heimatministeriums gesagt, wir seien im Grunde genommen einzigartig: "Pluralis Majestatis!" Deshalb könne er, Asül, mit dem Brustton der Überzeugung sagen: "Markus Söder ist der Richtige. Aber ich habe keine Ahnung, wofür."

Klar, das ist Bierzelt-Kunst. Aber das ist auch eine. Sie war, aus Asüls Sicht, nah genug dran am Feind (so dass Söder hinterher auf der Bühne sogar Applaus für "unseren Django Asül" einforderte) und trotzdem weit genug weg, um nicht lächerlich zu werden. Und auch wenn Kabarett nicht dafür da ist, die Kunst der Diplomatie zu üben, konnte man in dem Fall verstehen, dass es alle taten. Das Ergebnis war gar nicht mal so schlecht.

 

Die Asül-Rede von 2011 wurde vom Kulturvollzug hier komplett dokumentiert, die Rede von 2013 findet sich hier.

Anm. d. Red. (4.5.15, 23 Uhr): Die Fotos von Hofbräu München / Sigi Jantz wurden nachträglich eingefügt.

 

 

Veröffentlicht am: 01.05.2015

Über den Autor

Michael Grill

Redakteur, Gründer

Michael Grill ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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