"Bitte zurückbleiben!" im Theater...und so fort

Tragikomisch und absurd

von Olga Levina

Hier begegnen sich beide Dimensionen: Der Wartende (Winfried Hübner) steht für die Realität und das Mädchen (Noelle Cartier van Dissel) für die Zwischenwelt (Foto: Gerald Huber)

"Bitte zurückbleiben" ist das mittlerweile achte Stück, das der Regisseur Heiko Dietz geschrieben und inszeniert hat. Die Rahmenhandlung ist einfach: Verschiedene Menschen warten auf den Zug und unterhalten sich währenddessen. Das Besondere sind die absurden Gespräche, die sich um einen tragischen Vorfall drehen.

 

Der Ehemann - toll gespielt von Christian Buse (Foto: Gerald Huber)

Alles spielt sich an einer S-Bahnstation ab, irgendwann, irgendwo. Einen großen Reiz hat der zyklische Aufbau des auf einer wahren Begebenheit basierenden Stücks. Die Idee das Ende an den Anfang zu stellen ist zwar nicht neu, doch gelingt hier deren Umsetzung - was nicht selbstverständlich ist. In Form von Rückblenden werden zwei Handlungsstränge miteinander verbunden. Einer davon spielt sich in der Realität ab, der andere in einer Zwischenwelt.

 

"Man kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand", so der Priester (Konrad Adams) zum Wartenden, als dieser ihm vom Verlust seiner Frau berichtet (Foto: Gerald Huber)

Die Charaktere sind vielschichtig. Abwechselnd erzählen sie ihre Geschichte in Form komischer, aber auch skurriler und tragischer Dialoge. In den Sequenzen, die sich in der Realität abspielen, konfrontiert Dietz den Zuschauer einerseits mit dem Thema häusliche Gewalt und anderseits mit der Ignoranz einer ebenfalls auf den Zug wartenden Therapeutin (Julia Kunze) diesem Thema gegenüber. "Paartherapie mache ich auch", so diese am Telefon. Nur einen Moment später macht sie unmissverständlich klar, wie stark sie ihre Mitmenschen tatsächlich interessieren: "Könnten Sie Ihre Eheprobleme woanders besprechen, ich telefoniere. Hey! Ihre Probleme interessieren hier keine Sau!"

 

Die Frau (Sarah Schuchardt) zwischen den Welten (Foto: Gerald Huber)

Theologische Diskussionen und Auseinandersetzungen über die Liebe sind ebenfalls Teil des Stücks. Es geht um Schuldgefühle und Sehnsüchte, mit denen eine Verbindung zum Zwischenwelt-Bahnhof hergestellt wird. Dort unterhalten sich ein Mädchen und eine Frau über das im Leben Gesagte und Nichtgesagte. Was unspektakulär anfängt, gewinnt im Verlauf des Stücks zunehmend an Gewicht. Durch den zweiten Handlungsstrang bekommt "Bitte zurückbleiben!" mehr Tiefgang und versöhnt dadurch für so manche Oberflächlichkeit davor. Schließlich wird klar, an welcher Stelle sich die Handlungsstränge überschneiden.

 

Lautsprecheransagen und eine schlichte Kulisse erzeugen tatsächlich Bahnhofs-Atmosphäre. Zwei Bankreihen und Bahnsteige - mehr braucht es nicht für eine komische und absurde Begegnung. Überzeugend und mit viel Ironie zeigt die Schauspielertruppe, was an einem Tag zwischen zwei Gleisen passieren kann. Nämlich: Eine große Welt im Kleinen.

 

Theater...und so fort, Kurfürstenstraße 8, nächste Aufführungen 17. und 18. Mai sowie vom 22. bis zum 25. Mai 2013: "Bitte zurückbleiben!", Telefon 089/23219877.

Veröffentlicht am: 17.05.2013

Über den Autor

Olga Levina

Redakteurin

Olga Levina ist seit 2012 beim Kulturvollzug.

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