Why? im Feierwerk

Merkwürdig gut

von Eveline Kubitz

Exzentrisch und in seiner eigenen Welt: Yoni Wolf. Foto: Salvan Joachim

Irgendwie müde sehen sie aus. Und klar, Yoni Wolf, der Sänger von Why? hat immer traurige Augen, aber heute wirkt er so, als wäre er eher aus Versehen und nicht so richtig gern auf der Bühne. Den Blick starr geradeaus gerichtet, die Kommunikation mit dem Publikum beschränkt sich auf ein artiges "Thank you!" nach jedem Lied. Das Publikum ist deshalb eher verhalten, in freudiger Erwartung zwar, aber irgendwie irritiert, wer löst denn jetzt endlich mal die Handbremse?

Die Musik von Why? ist eigentlich ein Selbstläufer, die Band braucht keine große Show, keine Choreographien oder Effekte. Zwei Schlagzeuger mit je einem Xylophon und einem Metallophon, ein Bassist, zwei Damen, die Keyboard und Gitarre spielen und Backgroundsingen während Yoni rappt – fertig ist ein Abend der so voll ist von unterschiedlichsten Musikstilen – von Hip Hop, Indie über Elektro bis hin zu Folk – die musikalisch so brillant und virtuos kombiniert sind, dass sie sich dabei gemeinsam so zielsicher genau in die Partie unter der Haut schleichen, die die kleinen Härchen sachte anhebt und einen wohligen Schauer über den Rücken jagt.

Magie zwischen Xylophon, Schlagzeug und Rapgesang. Foto: Salvan Joachim

Und auch diesmal funktioniert es musikalisch wieder, aber trotzdem: Irgendwie wird man das Gefühl nicht los diese Band ist in ihrer ganz eigenen Welt, zu der man heute – trotz Eintrittskarte – nur bedingt Zugang hat. Allen voran der exzentrische, verschrobene, irgendwie sympathisch-kaputte Yoni Wolf, der seine Alben gerne nach Krankheiten benennt ("Alopecia" das letzte, "Mumps" das aktuelle). Während die Frauen ihre Harmonien über das Xylophon singen rappt Yoni seinen morbiden, manchmal grotesken, manchmal schaurig-schönen, immer klugen Text. Die beiden Schlagzeuger geben einen fordernden Rhythmus vor, das Publikum geht gerne mit. Auch wenn die Lieder des neuen Albums respektvoll begutachtet und beklatscht werden, die die gefeiert werden sind am Ende die des allseits-gelobten "Alpocia"-Albums: "The Hollows", "These Few Presidents" oder "The Vowels Part 2", die Hymne der Why-Fans, die endgültig grinsend-glänzende Gesichter und glücklich geschlossene Augen zaubert.

Der Höhepunkt ist die Zugabe: "A Sky For Shoeing Horses Under". Die Band wird bejubelt, obwohl man nach nur gut einer Stunde auch wütend sein könnte. Aber die Leute die da sind, haben sich nicht hierher verirrt, das sind Fans die um das Potential dieser Band wissen. Sie können den fehlenden Enthusiasmus der Musiker wohl verschmerzen angesichts der Magie, die in diesen kleinen Momenten zwischen Xylophon, Schlagzeug und Rapgesang entsteht.

Am Ende, während der Zugabe, die manche mit geschlossenen Augen, manche headbangend in sich aufsaugen, verteilt Yoni Handküsse ans Publikum. Der maximale Gefühlsausbruch für jemanden, der in seinen Texten das äußerste an Zuneigung etwa so ausdrückt: „Even though I haven’t seen you in years, yours is a funeral, I’d fly to from anywhere.“

Ein Abend so exzentrisch, so merkwürdig, so einzigartig wie diese Band. Die meisten der Gäste werden trotzdem oder gerade deshalb wohl auch nächstes mal wieder dabei sein.

Bilder vom Auftritt in München:

Veröffentlicht am: 14.11.2012

Über den Autor

Eveline Kubitz

Redakteurin

Eveline Kubitz (1986)ist seit 2011 beim Kulturvollzug.

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