"Dreileben": Ein Ort, ein Sommer, ein Verbrechen, drei Filme

von Angelika Kahl

Die Drei von "Dreileben": Christoph Hochhäusler, Dominik Graf, Christian Petzold (Foto: WDR)

Drei der renommiertesten Regisseure Deutschlands haben sich zusammengetan und erzählen einen Fall im fiktiven thüringischen Örtchen "Dreileben" aus ihrer jeweils ganz eigenen Perspektive. Am Montag zeigt das Erste das außergewöhnliche TV-Experiment in einem Rutsch. Damit beweist die ARD bemerkenswerten Mut, den aber auch der Zuschauer für die rund viereinhalb Stunden unangepasster und mitunter auch komplizierter Kunstfertigkeit mitbringen sollte.

Die Geschichten von Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler haben nur wenige Berührungspunkte. Und echte Krimis sind sie auch nicht, auch wenn der Dreh- und Angelpunkt die Flucht eines Sexualstraftäters aus einem Krankenhaus ist. Es sind drei eigenständige und auch eigensinnige Filme, so eigenständig und eigensinnig, wie eben jeder dieser Filmemacher selbst ist.

Petzolds "Etwas Besseres als der Tod" macht den Anfang. Die Liebesgeschichte zwischen dem Krankenpfleger Johannes (Jacob Matschenz) und dem bosnischen Zimmermädchen Ana (Luna Mijovic) zerplatzt an der Realität, in der Geld und Erwartungen - die eigenen und die anderer - oft mehr Gewicht haben als das romantische Gefühl.

Auch in Grafs "Komm mir nicht nach" steht eine Beziehungsgeschichte im Mittelpunkt. Polizeipsychologin Jo (Jeanette Hain), die zu dem Einsatz in "Dreileben" gerufen wird, schlüpft dort bei ihrer Freundin Vera (Susanne Wolff) und deren Mann Bruno (Misel Maticevic) unter. Mit der plötzlichen Nähe kommt allerdings auch eine unangenehme Wahrheit ans Licht.

Szenenbild "Komm mir nicht nach": Jeanette Hein und Susanne Wolff. (Foto: ARD)

Einzig Hochhäusler fokussiert sich mit "Eine Minute Dunkel" auf den verurteilten Verbrecher. Er begleitet Frank Molesch (Stefan Kurt) auf seiner Flucht durch den Wald, zeigt, wie der Mann seinen letzten Halt verloren hat.

Entstanden ist das Projekt "Dreileben" aus einer hitzigen E-Mail-Diskussion zwischen den drei Regisseuren. "Es ging um Filme in Deutschland, die sogenannte Berliner Schule", erklärt Christian Petzold. "Um das Fehlen von Genre, von Nachbarschaften. Wie einsam die einzelnen Filme sind. Wie vereinzelte Kunstwerke stehen sie auf den Festivals zwischen all den anderen Filmen herum." Doch dann kam den Dreien die Idee, "nicht nur gemeinsam über Filme zu sprechen, sondern gemeinsam Filme zu machen".

Die Nachbarschaft der drei Geschichten ist zwar eine sehr weitläufige. "Ich habe mir ursprünglich sicher eine engere Zusammenarbeit vorgestellt, auch narrativ einen engeren Zusammenhang", sagt Christoph Hochhäusler. Aber diese Zusammenarbeit war vielleicht auch erst der Anfang, meint Dominik Graf. "Ein Test sozusagen." Auch er würde beim nächsten Mal enger zusammenrücken wollen. Spannend dürfte dann sein, ob man auch an den Zuschauer und seine Sehgewohnheiten etwas näher heranrückt.

"Dreileben" am Montag, den 29. August 2011 ab 20.15 Uhr in der ARD.

Ein Gespräch mit Bettina Reitz, der verantwortlichen Redakteurin und jetzigen Geschäftsführerin der Degeto Film finden hier

Veröffentlicht am: 29.08.2011

Über den Autor

Angelika Kahl

Angelika Kahl ist seit 2010 Mitarbeiterin des Kulturvollzug.

Weitere Artikel von Angelika Kahl:
Andere Artikel aus der Kategorie