Aktuelle Arbeiten von Lars Breuer bei Esther Donatz

Ausgeforscht, bespitzelt, abgehört - Bilder aus einem Neuland

von Achim Manthey

Ausstellungsansicht "Unter falscher Flagge" (c) Lars Breuer, courtesy Galerie Esther Donatz

Die Ausstellung "Unter falscher Flagge" mit Arbeiten des Malers Lars Breuer beschäftigt sich mit verdeckten Operationen. Sie wird unerwartet aktuell.

Manchmal erlangt Kunst durch die Tagesaktualität neue, unerwartete Dimensionen. Das weltweit flächendeckende Abfischen von Daten aus dem Internet durch den amerikanischen und den britischen Geheimdienst, deren Ausspähaktionen der - ansonsten angeblich ahnungslose - Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses Wolfgang Bosbach (CDU) als "offenkundige Totalausspähung" bezeichnete, beherrscht seit Wochen mit weiter zunehmender Intensität die Schlagzeilen.

Exakt das ist das Thema, mit dem sich Lars Breuer in seiner ersten Einzelausstellung in München beschäftigt. Hierbei greift er sowohl historische wie aktuelle Ereignisse auf. Schon die Griechen konnten in vorchristlicher Zeit den Krieg um Troja nur für sich entscheiden, indem sie der Sage nach mit einem hölzernen Pferd operierten. Noch heute hat sich der Begriff "Trojaner" im EDV-Jargon als Bezeichnung für unerwünschte oder schädliche Computerprogramme erhalten, die als nützliche Anwendungen getarnt daherkommen. Die während des Kalten Krieges gebildeten "Gladio"-Geheimarmeen, die im Fall einer Besetzung Westeuropas durch die Sowjetunion Sabotageakte ausführen sollten, die verdeckten Aktionen der Amerikaner gegen das Castro-Regime wie die Operation Moongoose" und nicht zuletzt 2011 die Aktion "Neptun's Spear", die zur Tötung Osama Bin Ladens führte, geben weitere Beispiele in einer schier unendlichen Kette.

Ohne Titel (Troja), 2013 (c) Lars Breuer, courtesy Galerie Esther Donatz

Lars Breuer, 1974 in Aachen geboren, studierte Kunstgeschichte, Freie Kunst und Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf. Seine Arbeiten wurden international ausgestellt und sind in namhaften Sammlungen wie dem Museum für konkrete Kunst in Ingolstadt, dem ZKM Karlsruhe oder dem Museum Folkwang in Essen vertreten. Der Künstler lebt und arbeitet in Köln.

Schlagworte, Codes, Parolen begleiten die meist von Geheimdiensten durchgeführten politischen und militärischen Aktionen, die sich lange schon auf staatliche Veranlassung hin auch auf Wirtschaftsspionage erstreckt haben. Breuer nimmt das in einer von ihm selbst geschaffenen, streng geometrischen Typographie geschaffenen, raumumfassenden Wandarbeit auf. Ein titelloses, in Klammern als "Stern" bezeichnetes Acrylgemälde von 2012 offenbart sich als Spinnennetz, "Mars", ein Dyptichon von 2013, zeigt den Kriegsgott neben einer Strichcode-Linie, wie es scheint.

Esplosione, 2012 (c) Lars Breuer, courtesy Galerie Esther Donatz

Das komplexe Thema spiegelt sich in Kombinationen von Text und Bild wider. Für die kleinformatige Reihe "Esplosione" hat Breuer Fotografien aus dem Internet, die Katastrophen, Attentate und Kriegsszenen zeigen, verwendet und mit dem italienischen Wort kombiniert oder in unterschiedlichen malerischen Techniken dargestellt. Abstrakte dekonstruktivistische Arbeiten sind zu sehen, ebenso das fotorealistisches Gemälde "Troja", das auf einer von ihm dort aufgenommenen Fotografie beruht und sich motivisch an Albrecht Dürers "Das große Rasenstück" von 1503 anlehnt.

Es ist eine thematisch hochaktuelle Schau. Sie bedrückt angesichts der jüngsten Ereignisse, in denen offenbar wird, wie Recht, Gesetz und bürgerliche Freiheit und Selbstbestimmung ausgehebelt werden. Sie rütteln an Grundfesten, die auch in sich gefestigte Staaten ins Wanken bringen können. Nicht zuletzt deshalb, weil die vorgegebene Unwissenheit staatlicher Stellen schlichtweg nicht glaubwürdig ist. Die Bundeskanzlerin verirrte sich in einem "Neuland Internet" und schweigt ansonsten. Tatsächlich ist es inzwischen aber so: Wer solche Freunde hat, der braucht keine Feinde mehr.

Bis zum 20. Juli 2013 in der Galerie Esther Donatz, Amalienstraße 45 Rgb. in München, Mi/Fr 13-18 Uhr, Do 13-19 Uhr, Sa 12-16 Uhr, Eintritt frei.

 

Veröffentlicht am: 05.07.2013

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