„Gott hatte Zeit genug“ - Holger Paetz im Frauenhofer

von kulturvollzug

Mit seinem letzten Programm feierte Holger Paetz noch krisenfest ein „Krisen-Fest“. Doch die Finanzkrise hat auch ihn erwischt. Nun beobachtet er im Bistro die Bank, die er berauben will.

Reine Selbsthilfe: Er will sich zurückholen, was er durch einen Anlageberater eingebüßt hat. Hilfe von oben ist ja nicht mehr zu erwarten: „Gott hatte Zeit genug“, findet der Kabarettist in seinem gleichnamigen neuen Solo im Fraunhofertheater.

Holger Paetz hat die Kunst des Missmuts perfektioniert: Er spielt einen notorischen Grantler und Nörgler - und zwar als Sympathieträger. Man folgt den missgelaunten Gedanken mit Vergnügen, weil sie Alltags-Ärgernisse aus der Sicht des Normalbürgers mit liebenswerter Verdrossenheit verdichten. Paetz bekennt: „Ich will nix Besseres sein, ich will nur meinen Teil vom Kuchen.“

Der Kuchen liegt sicher auf der Bank, solange Paetz räsonniert: Über Tafelwasser, das garantiert H²O enthält, über Politiker, Laubbläser, die Kirche und die deutsche Sprache, deren Verballhornungen er (un)lustvoll auskostet. Und er träumt vom Banküberfall mit großer Rebellen-Rede („Warum muss es immer nur ums Geld gehen?“) und einer Geisel, die sich in seinen Abenteuer-Mut verliebt. Aber er hat schon eine Freundin: Der Paar-Streit beim Chinesen ist eine Glanznummer im zweiten Teil, wo Paetz zu Hochform aufläuft.

Elf Jahre hat Holger Paetz als Autor und Westerwelle-Darsteller des Nockherberg-Singspiels den heutigen Außenminister in der Opposition gehalten. Jetzt fragt er nur noch resigniert, warum Gott das alles zulässt. Und gibt zu: „Andererseits ist es ein Wunder, dass nicht noch viel mehr passiert.“

Gabriella Lorenz

Fraunhofertheater, 3. - 6. Nov., 20.30 Uhr, Tel. 26 78 50

http://www.fraunhofertheater.de/

Veröffentlicht am: 04.11.2010

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